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Gunzi lässt den Hörsaal beben - Kabarett bei der Lernstatt Demokratie

Gunzi Heil ist Musiker, Liedermacher, Kabarettist, Parodist, Puppenspieler – und am liebsten alles gleichzeitig. Deshalb ist Gunzi Heil auch Träger des baden-württembergischen Kleinkunstpreises. Bei seinem Auftritt vor den Teilnehmern der Lernstatt Demokratie zeigte sich der blonde Schlacks als lustiger Erzähler, guter Musiker und genauer Beobachter.

Denn im Programm hatte er wie selbstverständlich das Motto der Veranstaltung als auch im neuen Hörsaal der Akademie– ein "Demokratiegebäude" nämlich ohne Handyempfang. Doch das macht nichts, weil man durch die sieben (!) Notausgänge schnell nach draußen kommt. Ansonsten bewegte sich Gunzis freche Show zwischen hoher Literatur und höllisch guter Musik, zwischen Hackfleisch und Ludwig Spaenle, zwischen Winnetous Schnittstellen und Demografie, zwischen Fahrstunden und Blondinenwitzen. Vor seinem Auftritt nahm sich Gunzi Heil die Zeit für ein kleines Gespräch über Kabarettisten, Demokratie – und warum gerade Politiker die besten Witzfiguren abgeben:

Gunzi, herzlich willkommen an der Akademie für Politische Bildung Tutzing. Wie bilden Sie sich eigentlich selbst politisch weiter?

Gunzi Heil: Zunächst bin ich nicht der klassische politische Kabarettist – ich verteile nur regelmäßig kleine, aktuelle Seitenhiebe. Gleichwohl informiere ich mich über Politik: in der Presse, vor allem im Internet. Das finde ich besonders praktisch. Denn über Fukushima, das Reaktorunglück, die Zahl der Toten und Verstrahlten, redet in den Medien schon wieder kein Mensch mehr.

Warum eignen sich gerade Politiker so gut für Überspitzung, Witze, Kabarett?

Gunzi Heil: Ich kann Parodien und Anspielungen nur über Personen und Dinge machen, von denen ich voraussetzen kann, dass die Leute sie auch kennen. Politik ist ein Feld, das jeden betrifft, wenn man sich denn darum kümmern will. Politiker bilden eine Angriffsfläche, die jeder nachvollziehen kann – denn die Interessen aller anderen sind einfach zu speziell. Aber wenn es um den Atomausstieg geht, darum, ob das Benzin teurer wird, ob mein Fön bald nur noch mit Ökostrom funktioniert, da will jeder mitsprechen. Abgesehen davon wird es eben immer schwieriger, gemeinsame Themen zu finden – vor zwanzig Jahren war das leichter, da musste man ja nur ein Doppelkinn machen, und alle wussten: Das ist der Kohl.

Wenn sich Kabarettisten so viel mit Politik beschäftigen, sind sie dann auch bessere Demokraten?

Gunzi Heil: Eine schöne These. Dann müsste man sich aber auch fragen: Warum gibt es überhaupt noch Kabarettisten? Früher hat die Bühne noch dazu gedient, Sachen auszusprechen, die sich der Normalbürger nicht getraut hat zu sagen. Heute sind Tabubrüche ja kaum noch möglich, weil es kaum noch Tabus gibt.
 

Bei der Lernstatt Demokratie treten Sie vor fast 200 Schülern auf – ein völlig anderes Publikum, als Sie es sonst gewohnt sind. Haben Sie sich besonders vorbereitet? Ihre Reich-Ranicki-Puppe Marcello wird ein 15Jähriger doch nicht erkennen…

Gunzi Heil: Ich habe mir natürlich Sachen überlegt, von denen ich glaube, dass sie auch Kindern und Jugendlichen gefallen. Meine Puppe Marcello ist trotzdem dabei, mit der trete ich sogar beim Kindertheater auf. Lassen Sie es mich so erklären: Die Parodie trägt nur kurz, vielleicht eine halbe Minute. Dann haben die Alten erkannt: Das ist doch Marcel Reich-Ranicki! Danach geht es nur noch um die Botschaft, nicht um die Stimme, nicht um das Aussehen. (Anm. d. Red.: Das hat in unserem Fall bestens funktioniert.)

 

Das Gespräch führte Sebastian Haas

(Sebastian Haas, 23. Juni 2011, Tutzing; Quelle: Akademie für Politische Bildung)


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23.06.2011 (LR)

 
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