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Dabei sieht Matschie in der Gemeinschaftsschule auch ein Zukunftsmodell für die gesamte Bundesrepublik. Allerdings wünscht er sich ebenso, dass die Schullandschaft in Deutschland weiter in "vielen verschiedenen Farben erstrahlt" und Schulen ihre eigenen pädagogischen Schwerpunkte setzen können. Marie, ebenfalls Jugendbotschafterin für Demokratisch Handeln, interessiert an diesem Punkt die Frage, wie der Minister zum föderalen Bildungssystem stehe, da dieses Thema derzeit durch das Kooperationsverbot diverse Diskussionen unter Bildungspolitikern ausgelöst habe. Christoph Matschie greift dabei das Wort des "kooperativen Bildungsföderalismus" auf und erinnert damit zugleich an eine Politik, die die Bundesrepublik der Reformzeit seit Ende der 1960er-Jahre geprägt hat. Förderalismus als Chance dafür, regionale Vielfalt mit der Gleichwertigkeit von Chancen und Ansprüchen zu verbinden, ist inzwischen in der Praxis und der Wissenschaft von der Politiknicht mehr sonderlich en vogue. Gleichwohl, Matschie wagt den eher utopischen Gedanken, der Bund einerseits mehr Kompetenzen hinsichtlich der Bildungsstandards und der einheitlichen Gestaltung von schulischen Rahmenbedingungen pflegen könne und zugleich eine Ausweitung der Bildungsetats erhalte, die für die Schulen in den Ländern praxiswirksam werden könnte. Die Delikatesse dieser Frage, die ja darin liegt, dass sie bedauerlicherweise am wenigsten von den Bildungspolitikern in Ländern und Bund entschieden werden kann, sondern im Kontext der derzeit schleppenden Fortführung und Vollendung der Föderalismusreform sowie in parteilichen Interessen zu versinken droht, konnte leider nicht mehr weiter vertieft werden.

Von Politikverdrossenheit keine Spur

45 kurzweilige Minuten lassen jede Politiker- und Parteienverdrossenheit vergessen. Gespannt lauschen die etwa 100 Zuhörer in der Spielhalle der IMAGINATA. Die Diskussion soll sich aber nicht nur auf der Bühne abspielen: Die Lernstatt Demokratie lädt stets zum mitmachen ein und so öffnet Peter Fauser das Gespräch für Fragen aus den Publikum. Ein kurzer Moment und schon gibt es die erste Wortmeldung im Publikum. "Was würden Sie tun, Herr Matschie, wenn sie morgen kein Berufspolitiker mehr sind?". Lächelnd beschreibt der erfahrene Politiker seinen stetigen Einsatz für andere. So wie er sich bereits vor der politischen Wende von 1989 aktiv als Bürger engagiert habe, so würde er sich außerhalb der professionellen Politik stets einsetzen wollen und beschreibt dabei bildhaft, wie er sich schon immer für Umweltthemen stark gemacht habe und sich demnach gut vorstellen könne, sich erneut solchen Aufgaben zu widmen. Damit werden auch die zahlreichen teilnehmenden Projekte der Lernstatt Demokratie gewürdigt, die sich ebenfalls stets für gesellschaftliche Aufgaben einsetzen und aktiv mitgestalten.

Zahlreiche weitere Fragen schließen sich an. Das Publikum interessierte sich dabei besonders für die auf dem Podium aufgeworfenen Themen "Inklusion" und "Gemeinschaftsschule". Eine ganz persönliche Frage stellte eine Schülerin aus Eisenach, die sich eine Auskunft über die Einstellungssituation der Lehrkräfte in Thüringen wünschte. Hintergrund – wie die junge Dame erläuterte – sei die fehlende Einstellungsmöglichkeit für die Referendarin an ihrer Schule, die einen innovativen Unterricht gestalte, sich von den älteren Lehrkräften stark abhebe und großer Beliebtheit der Schülerschaft erfreue. In der Antwort des Ministers wird deutlich, wie schwierig es ist, eine direkte und individuelle Personalentwicklung steuern oder auch nur zu ermöglichen. Da das Land Thüringen rechnerisch das beste Lehrer-Schüler-Verhältnis habe, aber viele Lehrkräfte sich in Altersteilzeit befänden und damit für den Unterricht nicht zur Verfügung stünden, sich dadurch aber auch nur begrenzt neue Lehrkräfte einstellen ließen, sei an dieser Situation vom Ministerium leider kaum etwas zu ändern. Für die nahe Zukunft würde sich diese Situation aber erheblich verbessern, versprach Matschie.

Wir kommen zum Schluss

Inzwischen ist es 20:30 Uhr und ein anregender Abend nähert sich dem Ende. Zahlreiche Fragen wurden gestellt und so schließt Peter Fauser die Fragerunde. "Das Land Thüringen ist federführend bei den das Förderprogramm unterstützenden Bundesländen, dafür danke ich Ihnen" so Peter Fauser bei seiner Würdigung der langjährigen Unterstützung, ohne die das Förderprogramm Demokratisch Handeln nicht vorstellbar wäre. "Wir hoffen, dass wir noch weitere Länder gewinnen können", appellierte Fauser – wohl wissend wie schwer und zugleich doch nicht unmöglich diese Aufgabe ist.

Bevor nun ein Jeder seinen Heimweg antritt, nutzen Einige noch die Möglichkeit zu kurzen Gesprächen mit dem Minister und die Jugendlichen vom Wartburg-Radio aus Eisenach bitten in zum Radio-Interview.

Das Politikergespräch auf der Lernstatt Demokratie 2012 ist ein spannender Einblick in die große Politik und hat erneut die Bedeutsamkeit demokratischen Handelns im täglichen Miteinander gezeigt – in diesem Jahr war es zweifelsohne einer der Höhepunkte dieser Kreativtagung.

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(Linda Roeder, Mario Förster, 15. Juni 2012, Jena)

19.06.2012 (DI)

 
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