Direkt zum Inhalt springen

Sie befinden sich: Startseite » Lernstatt » Jena 2012 »

Schiller und Goethe in Jena

Dieser Rundgang lud die Teilnehmer der diesjährigen Lernstatt Demokratie ein, das zur Geschichte gewordene Wirken von Friedrich Schiller und Johann Wolfgang von Goethe in der Universitätsstadt Jena zu erkunden. Auf dem historischen Marktplatz empfing uns Frau Stehfest, die uns in den nächsten eineinhalb Stunden mit ansteckender Begeisterung auf die Spuren Goethes und Schillers in der Saalestadt zu locken vermochte. Auf diesem Marktplatz, so die Erzählung, sollen sich Schiller und Goethe nach einem zunächst eher kühlen Verhältnis bei einem abendlichen Spaziergang näher kennen und schätzen gelernt haben, hier begründeten sie ihren lebenslangen Freundschaftsbund. Diese Szenerie wiederum soll von dem Ehepaar Humboldt beobachtet worden sein. Voller Freude, dass die beiden seinerzeit bereits in Deutschland weit beachteten Schriftsteller zu guter Letzt doch zueinander gefunden haben, luden sie beide für den nächsten Tag zum Essen ein.

Jena und die Jenenser

Unser Weg führte uns zu einer Tafel über die Sehenswürdigkeiten Jenas. Die Jenenser seien seit jeher stolz auf ihre Stadt gewesen und weisen als Äquivalent zu den sieben Weltwundern die "Sieben Wunder Jenas" aus, das zeugt zumindest von einem gehörigen Bürgerstolz. Zu diesen "Wundern" gehören der Schnapphans – eine Figur an der Rathausuhr, die zu jeder vollen Stunde nach einer goldenen Kugel schnappt. Des Weiteren zählen der Fuchsturm, der Berg "Jenzig" und die alte Camsdorfer Brücke zum Wunderlichen dieser Stadt. Auch die Altarunterführung am östlichen Chor der Stadtkirche sowie Draco – eine siebenköpfige Drachenfigur – und das Weigelsche Haus zählen zu den Dingen, die zumindest in der Zeit dieser besonderen Form der "Bewunderung" mehr als originell gewesen sind. In seinem siebenstöckigen Haus soll Erhart Weigel seine Gäste mit vielen technischen Raffinessen verblüfft haben, wie etwa einer Weinleitung aus dem Keller in den siebten Stock.

Schiller und seine Antrittsvorlesung zur "Universalgeschichte"

Danach ging es weiter zum Griesbachschen Haus – von dem nur noch der seinerzeitige Hörsaalanbau erhalten und zudem restaurationsbedürftig ist. Hier hielt Friedrich Schiller am 26. Mai 1789 seine Antrittsrede – er macht ein zentrales Gestaltungsmotiv sozialen Handelns in einer Aufbruchszeit der Moderne zum Thema, wie wir heute wissen. Etwa 500 und damit mehr als die Hälfte der damals immatrikulierten Studenten folgten voller Begeisterung den Ausführungen des Geschichtsprofessors. Bis heute wird als Erinnerung hieran jedes Jahr am 26. Mai das Sommerfest der nach ihm – übrigens erst zur NS-Zeit – benannten Universität Jena gefeiert. An der Ostseite des Universitätshauptgebäudes lässt sich zudem ein Denkmal für Friedrich Schiller finden. Auch in der in Jena angesiedelten Universitäts- und Landesbibliothek lässt sich eine Spur unserer Dichter finden. In ihr befindet sich die "BibliothecaElectoralis", der größte Nachlass Martin Luthers. Goethe ordnete diesen Buchbestand und erstellte einen bis heute genutzten Bandkatalog. Auch die Gründung des Botanischen Gartens und des Accouchierhauses, einer ehemaligen Hebammenschule, verdanken die Jenenser dem Wissensdurst Goethes. Er setzte sich bei dem damaligen Fürsten für die Intensivierung der botanischen Forschung und der Verbesserung der Geburtshilfe ein.

Das Frommansche Haus

Der Weg führte uns noch zum "Frommannschen Haus", welches damals der gesellschaftliche Mittelpunkt Jenas war. Hier traf sich die so genannte "Butterbrotgesellschaft", die intellektuelle Elite Jenas, darunter auch Schiller und Goethe, und tauschte ihre Gedanken aus. Ihren Namen erhielt diese Gruppierung aufgrund der bescheidenen Lebensverhältnisse und der daraus resultierenden einfachen Bewirtung, die der Buchhändler Frommann seinen Gästen bieten konnte. Nächste Station war der Anatomieturm, in dem früher öffentliche Sezierungen stattgefunden haben. Goethe soll hier den menschlichen Zwischenkieferknochen entdeckt haben – er war ja bekanntlich ein umfassend interessierter Mensch, dem deshalb später das Label "Universalgenie" angeheftet worden ist.

Unser Spaziergang fand seinen Abschluss in der traumhaften Gartenanlage rund um Schillers bekanntes Gartenhaus. Er erwarb dieses im Jahre 1797 und verbrachte als naturliebender Mensch gemeinsam mit seiner Frau Charlotte und seinen beiden Söhnen glückliche Sommermonate. Ein solcher Spaziergang kann angesichts der Lebensleistung, die aus dieser modernen Denkerfreundschaft resultiert, nur unvollkommen bleiben. Bemerkenswert ist die Bedeutung Jenas für diesen literarisch-philosophischen Modernisierungsschub jedoch allemal!

(Sabine Klauer, 15. Juni 2012, Jena)

zurück

 

15.06.2012 (DI)

 
© Demokratisch Handeln | Impressum