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Von äthiopischen Bäuerinnen und amerikanischen Hausfrauen

Wir lernen: Klikmaschutz geht auch Europa an!

Rund 30 Schülerinnen und Schüler sitzen um eine auf den Boden aufgeklebte Weltkarte. Sie haben sich eingefunden, um sich mit dem Thema „Europa, das Klima und ich“ auseinanderzusetzen. Die beiden engagierten Workshopleiterinnen Susanne Ott und Isabela Zurebska von der BUND-Jugend stellen sich vor und erklären den Teilnehmenden, was sie in den nächsten zwei Stunden mit ihnen planen.

Nach einem Aufwärmspiel sammeln die Schülerinnen und Schüler gemeinsam Begriffe, die ihnen zum Thema Klimawandel einfallen. Die SchülerInnen lassen sich von dem Enthusiasmus der beiden Workshopleiterinnen anstecken und sind sofort begeistert bei der Sache. „Überschwemmungen“ tönt es aus der einen Ecke, aus der anderen „Flugzeuge“, auch andere Begriffe fallen. Anschließend werden diese Begriffe nach Ursache und Folge in Blick auf Umwelt und Klima geordnet. Was bei Autos und Flugzeugen und noch eindeutig ist, wird bei der Regenwaldabholzung schon schwieriger, denn der Regenwald stößt bei seiner Abholzung kein klimaschädliches Kohlendioxid, also CO2, aus. Er wandelt vielmehr CO2 in Sauerstoff um und trägt damit zum Abbau des schädlichen Gases bei – das Probblem hier ist also, dass wir ihn erhalten müssen, denn die Abholzung des Waldes macht diese nützliche Funktion der „grünen Lunge“ der Erde zunichte. Und was hat Mülltrennung mit Klimawandel zu tun? Erstens, so finden die Teilnehmenden heraus, spart die Wiederverwertung von Rohstoffen Energie und zweitens ist auch die Restmüllverbrennung eine Ursache für den von Menschen verursachten Klimawandel.

Was ist was? In der Diskussion über das Klima lernen!

Die Jugendlichen nutzen bereits diese frühe Phase des Workshops, um noch Unverständliches zu klären. Was hat es zum Beispiel eigentlich mit dem Treibhauseffekt auf sich? Der Treibhauseffekt entsteht durch einen zunächst ganz natürlichen Vorgang: Die nicht reflektierte Sonneneinstrahlung trifft auf die Erdoberfläche, die entstehende Wärme wird gespeichert. Wenn nun aber die Atmosphäre durch den Ausstoß von Treibhausgasen verändert wird, dann verstärkt sich dieser normale Treibhauseffekt mit der Folge der Erwärmung des Klimas. Das Klima ist übrigens, so lernen die SchülerInnen, die langfristige Wetterentwicklung.

Mit Luftballons den Klimawandel und die damit verbundenen Probleme verstehen

Nachdem diese Fragen geklärt worden sind, werden die Teilnehmenden noch aktiver. In einem Simulationsspiel übernehmen sie in Dreiergruppen unterschiedliche Rollen: Sie spielen bspw. Regierungen und Personen, die den Klimawandel aufzuhalten versuchen oder ihn ganz im Gegensatz dazu verharmlosen, und versuchen gemeinsam Lösungen zu finden. Neben Regierungen von Industriestaaten (Deutschland), aufstrebenden Schwellenländern (China) und vom Klimawandel besonders betroffenen Entwicklungsländern (Bangladesh) spielen auch ein Reiseunternehmen, eine Nichtregierungsorganisation mit dem Namen Klima-Watch-Gruppe, ein Versicherungsunternehmen sowie eine Gruppe US-amerikanischer Hausfrauen und eine Gruppe äthiopischer Bäuerinnen mit.

Die enormen Unterschiede im Ausstoß von klimaschädlichen Treibhausgasen, also Emissionen, symbolisieren jeweils Luftballons, von denen zum Beispiel die deutsche Regierung und die US-amerikanische Hausfrauen jeweils vier bekommen, während die äthiopischen Bäuerinnen kaum Emissionen verursachen und somit keine Luftballons erhalten. Durch die ausgeteilten Rollenkarten erfahren die Gruppen wichtige Hintergrundinformationen über ihre jeweiligen Rollen. Während einige Gruppen sich zu den Verursachern des Klimawandels zählen müssen, sind andere auf der Seite der Betroffenen. So vertritt die deutsche Regierung ein Land, das zwar zu den größten Verursachen des Klimawandels gehört, von seinen Folgen aber relativ wenig zu spüren bekommt. Die äthiopische Bäuerin hingegen ist nur für eine verschwindend geringe Menge an Emissionen verantwortlich, leidet aber unter Dürren, Hungersnöten und ausgetrockneten Flüssen, die auch in Folge des Klimawandels entstehen.

Klima macht Konferenz: Klima, Konferenz, Macht

Nachdem sich die Gruppen über ihre Rollen näher informiert und die Länder auf der Weltkarte zugeordnet haben, stellen sie sich gegenseitig vor. Die amerikanischen Hausfrauen berichten über ihre zahlreichen Haushaltsgeräte, ihre Klimaanlagen und ihre Autos, aber auch über ihre Sorge um den Klimawandel. Die Regierung von Bangladesh hingegen macht deutlich, dass die Bevölkerung erheblich vom Anstieg des Meeresspiegels und Überflutungen bedroht ist und fordert daher schnelle Maßnahmen zum Klimaschutz, finanzielle Unterstützung durch die Industrieländer sowie Asyl für seine Flutopfer.

Nun treten die unterschiedlichen Gruppen miteinander in Verhandlungen, um die bald darauf stattfindende UNO-Konferenz vorzubereiten. Deren Ziel soll es sein, die weltweiten CO2-Emissionen um 20% zu reduzieren. Es bilden sich kleine Stuhlkreise, in denen debattiert und verhandelt, Positionen vertreten und Argumente ausgetauscht werden. In diesen Vorverhandlungen bietet die deutsche Regierung der Klima-Watch-Gruppe finanzielle Unterstützung an, die diese aber ablehnt, weil sie ihre Unabhängigkeit bewahren möchte. Das Reiseunternehmen „Travel AG“ tritt vehement gegen die Forderungen ein, die Kerosinsteuer zu erhöhen und droht mit dem Verlust von Arbeitsplätzen. Auch die Regierung von China lehnt mit dem Argument des wirtschaftlichen Aufschwungs Klimaschutzmaßnahmen ab.

Klimawandel: Wandel der Verhältnisse

Doch nun ereignen sich dramatische Veränderungen. In Bangladesh bricht, mitverursacht durch die menschlichen Treibhausgasemissionen, eine schwere Flut herein, die unzählige Menschenleben kostet. Deshalb bittet Bangladesh die UNO in einem Eilantrag um finanzielle Hilfe. Währenddessen verzeichnet China eine hohes Wirtschaftswachstum und erhöht seine Emissionen um einen Luftballon. Diese Ereignisse führen zu verstärkten Forderungen nach Asyl für die Opfer der Flut aus Bangladesh. Während die deutsche Regierung dies verweigert, bieten die US-amerikanischen Hausfrauen Asyl für die nun aus Bangladesh kommenden Klimaflüchtlinge.

Nun haben die TeilnehmerInnen drei Minuten Zeit um eine Rede vor der UNO-Konferenz vorzubereiten, in der sie ihre Argumente vortragen und erklären, wie sie mit wem kooperieren wollen. Doch das eifrige Formulieren und Diskutieren wird unterbrochen von neuen Ereignissen: In Äthiopien bleibt der diesjährige Regen aus, das Land bittet um Nahrungsmittelhilfen aus den USA und Deutschland. Ein Tornado zerstört weite Teile Floridas, Schulen bleiben geschlossen, die Stromversorgung liegt am Boden.

Während nun noch einige Gruppen mit diesen Ereignissen beschäftigt sind, beginnt die offizielle Klimakonferenz mit den Eingangsstatements der Gruppen. Dabei sind erstaunliche Ergebnisse zu vermelden. Die Versicherungsgesellschaft spendet Gelder an betroffene Länder, die Regierung Deutschlands kündigt an, die Kerosinsteuer um das Fünffache zu erhöhen, was zu Empörung bei der Travel-AG führt. Außerdem plant sie die Einführung einer Reichensteuer, finanzielle Unterstützung für betroffene Länder, Subventionen für öffentliche Verkehrsmittel, die Verdoppelung der Benzinpreise, Autobahnzölle sowie die weitergehende Förderung erneuerbarer Energien. Bangladesh verkündet, dass es von US-amerikanischen Hausfrauen Asyl zugesichert bekommen hat. Die Klima-Watch-Gruppe fordert das Verbot aller Klimaanlagen. Nach kurzem Zögern sind alle SchülerInnen während des Rollenspiels „voll dabei“, diskutieren engagiert Klimaschutzmöglichkeiten und lernen spielerisch politische Gestaltungsmöglichkeiten kennen.

Das würde Deutschland nie machen!

Leider sind die zwei Stunden Workshopzeit schon vor Beginn der eigentlichen Konferenz vorbei und so brechen die Workshopleiterinnen an dieser Stelle das Spiel ab, um in einer Abschlussrunde zu reflektieren, wie realistisch diese Simulation war. Die Einschätzung der Jugendlichen ist eindeutig: So was würde Deutschland nie machen, schon gar nicht wenn andere europäische Länder nicht das gleiche tun. Außerdem könnem die US-amerikanischen Hausfrauen können nicht über Asyl und Einreise in die USA entscheiden. Trotzdem ist deutlich geworden, wie unterschiedlich die Interessen und Auswirkungen des Klimawandels in unterschiedlichen Teilen der Erde sind und wie wichtig ein gemeinsames Handeln der EU in diesem komplexen Problemfeld ist. Es ist die Erkenntnis, dass Deutschland das Klima nicht ernsthaft alleine schützen kann und will, aber dass die Europäische Union hier ihren Beitrag leisten muss. (Mareike Korte)

 
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