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Wettbewerbe zeigen beeindruckende Leistungen

Zweiter Tag der Talente des BMBF im Berliner Congress Center

"Wettbewerbe zeigen beeindruckende Leistungen, auf die sie stolz sein können", resümierte Bildungsstaatssekretär Storm in seinem eröffnenden Grußwort die Linie, die den zweiten, nunmehr dreitägigen "Tag der Talente" vom Samstag bis zum Montag am ersten Septemberwochenende 2007 charakterisiert. Das Bundesbildungsministerium hatte rund 350 Preisträger und Personen aus dem Feld der Schülerwettbewerbe sowie der Begabungsförderung eingeladen. Alle waren gerne gekommen - trotz des Wochenendes, das aufzubringen war, um die Anreise von Schülerinnen und Schülern, aber auch von Lehrkräften nicht dadurch zu hindern, dass an ihren Schulen möglicherweise Unterrichtsausfall hätte verbucht werden müssen. Positiv aufgenommen hat man die Einladung auch bei den Trägern und Veranstaltern bundesweiter Schülerwettbewerbe und bei den Begabtenförderungswerken unterschiedlicher Couleur, sahen sie doch ihre oft aufreibenden und arbeitsintensiven Anstrengungen zur Förderung besonderer Lernleistungen, Begabungen und Talente in einen verbindenden und verbindlichen Rahmen gestellt und anerkannt. So ging es auch den vielen Schülerinnen und Schülern, die - über nahezu das ganze Altersspektrum, das sich im Sekundarschulwesen findet - gerne angereist waren: "Ich finde das toll, dass auch wir nach Berlin eingeladen werden, in ein anständiges Hotel dürfen, gutes Essen bekommen und uns an einem interessanten Programm beteiligen können", sagt Sebastian. Der Preisträger von "Demokratisch Handeln" aus einem Bremer Schulzentrum war für sein Projekt-Engagement zum "Lehrstellenmangel" eingeladen worden. Auch andernorts waren solche Schülerstimmen zu vernehmen - ob die Betreffenden nun Computer-Anwendungen programmieren, das Blockflötenspiel bis zur Virtuosität vertieft haben oder sich mit chemischen Analysen und mathematischer Logik bereits auf der Ebene universitärer Studien bewegen.

Vielfalt an Begabungen und Talenten zeigen und fördern

"Wir wollen zeigen, dass Begabungen und Talente im Land gebraucht werden", begründete Andreas Storm diese Schüler-Lehrer-Tagung und führte weiter aus, dass auch die Arbeit und Erfolge der "Schülerwettbewerbe ins Licht der Öffentlichkeit" kommen solle. Dabei sollten die Wettbewerbe nicht für den Selbstzweck erfolgreichen Lernens stehen, wiewohl auch das schon eine Begründung für Begabungsförderung und Entfaltung differentiellen Lernens sein kann. Vielmehr sollen sie einen Weg bieten, um "Zukunftsthemen" anzusprechen. Staatssekretär Storm nannte exemplarisch drei Herausforderungen: die demographische Entwicklung in Deutschland, den Klimawandel und die Demokratie. Hier kam dann doch deutlich die übergeordnete Herausforderung einer Wissensgesellschaft in den Blick, die sich den krisenhaltigen Entwicklungen der Moderne stellen muss und die deshalb Begabungsförderung und Talententfaltung nicht allein als Ergebnis von angewandtem naturwissenschaftlichen Forschungsleistungen begreifen kann. Vielfach war von der sozialen Herausforderung gerade der Hochbegabten und der Begabungsförderung die Rede, vom Wechselspiel zwischen Einzelleistung und sozialer Verantwortung, so dass der eine oder die andere sich schon gefragt haben mag, warum niemand aus der Gewinnerriege des Geschichtswettbewerbs, kein Europa-Thema des gleichnamigen Wettbewerbs und kein engagierter junger Politikfan aus den Preisträgerreihen von "Demokratisch Handeln" und des "Schülerwettbewerbs zur politischen Bildung" auf dem Podium interviewt worden war. So blieb es Aufgabe von Staatssekretär Storm, nebst der Wissenschaftsförderung auf das "kulturelle Gedächtnis" der Sozial- und Kulturwissenschaften hinzuweisen.

Wettbewerbe können ungeahnte Folgen haben

Mit jährlich rund fünf Millionen Euro fördert das BMBF bundesweite Schülerwettbewerbe in sehr verschiedenen Formen. Die bekannteren wie "Jugend forscht" oder "Jugend musiziert" werden dabei durch den "Bundeswettbewerb Informatik", die Bundeswettbewerbe zu Mathematik und den Fremdsprachen des Vereins Bildung und Begabung und eine Fülle kleinerer Initiativen ergänzt, zu denen Initiativen zum Schultheater, zur Entwicklungspolitik, zur Förderung junger Unternehmensgründungen und zur literarischen Hochleistung im "poetry-slam" ebenso gehören, wie der auf bürgergesellschaftliches Engagement und Lernen zielende Wettbewerb "Demokratisch Handeln". Auch die naturwissenschaftlichen Olympiaden – späte Früchte des Prager Frühlings und eines Versuchs, zu Zeiten des kalten Krieges Fachleistungen auch zwischen Ost und West in Beziehung zu setzen – bekommen Unterstützung.

Viele Wettbewerbe sind Beispiele gelingender "public-private-partnership", weil sie ohne Zuwendungen privater Träger und Stiftungen sowie ohne das tragende ehrenamtliche Engagement von Betreuungslehrern, Jurys und Tutoren gar nicht funktionieren könnten. In diesem Feld berühren sich gesellschaftliches Engagement und politischer Handlungswille. Zugleich ist bei den Schülerwettbewerben ein letzter Anknüpfungspunkt gemeinsamen und gesamtstaatlichen Handelns im Schulbereich sichtbar: Nach der Föderalismusreform ist das BMBF hierbei zusammen mit den Ländern in der Umsetzung "Neuer Gemeinschaftsaufgaben Bildung" tätig und auf deren Unterstützung angewiesen.

Schule anders erfahren

Was sagen nun die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zur Wertigkeit von Schülerwettbewerben und Begabungsförderung? Ilona Schulze, ehemals Lehrerin und Schulleiterin, jetzt Schulreferentin in Köln, führt ihren Blick für Fragen "fächerübergreifenden Lernens, dafür, Dinge zu ermöglichen, die im herkömmlichen Unterricht nicht möglich sind" auf die eigene Anerkennung mit einem Erfolg als Schülerin bei "Jugend forscht" zurück. Martin Maas, Preisträger im selben Wettbewerb, spricht davon, das es reizvoll sei, "sich an Aufgaben zu erproben, Lösungen zu finden und diese dann vorzustellen"; vor allem aber könne man bei Wettbewerben Jugendliche finden, "die ähnliche Interessen haben". Annalena Schriever, Preisträgerin im Bundeswettbewerb Fremdsprachen, fand bei den Wettbewerben "hochinteressante Menschen, mit denen man viel unternehmen kann" und wehrt sich dabei gegen pures Spezialistentum – sie zeigt sich auch als Virtuosin im Musizieren. Die evaluative Potenz guter Schülerwettbewerbe spricht Marc-Andreas Borchert an, der – heute erfolgreicher Filmregisseur – im "Up-and-Coming"-Wettbewerb reüssieren konnte. "Wettbewerbe", so Borchert, "helfen auch dabei, realistisch einzuschätzen, wo man gerade steht". Überdies könne man dabei lernen, mit Misserfolgen konstruktiv umzugehen. Alle jungen Erfolgsträger betonen ausdrücklich, dass gerade die Schule Verständnis haben müsse für besonderes Engagement – der Zuhörer wundert sich ob dieses Appells eher darüber, dass dies so explizit ausgesprochen werden muss!

Die Zukunft gestalten – Kreative Workshops

Aus der ersten, noch sehr auf pure Bühnenpräsentation zentrierten eintägigen Veranstaltung vom November 2006 zog das BMBF in der Zweitauflage die Konsequenz, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in Workshops mit Themen und Experten zu konfrontieren, die kreatives Schöpfertum und eine besondere Arbeitsgelegenheit bieten sollten. Der "Tag der Talente" soll nicht nur etwas bieten, sondern alle sollen daran mitwirken: Von der Diskussion über die künstlerische Kategorie "Klassik" über Zukunftsfragen wie Klima und Sprache bis hin zur Demographie reichte das Spektrum von zehn Workshops.

Am nüchternsten dürfte die Debatte von Wettbewerbs-Betreuungslehrkräften mit Wettbewerbsleitern gewesen sein, die durch ihren versammelten Sachverstand und Erfahrungsschatz "Wege zu einer Wettbewerbskultur an unseren Schulen" beschreiben sollten. Hier ging es weniger um neoliberale Theoreme zur leistungsförderlichen Aura gut verstandener und substanzieller Konkurrenz (wenngleich auch dieser Begriff als Element einer lernförderlichen Schulkultur inzwischen überwiegend anerkannt ist), als darum, nach Formen pädagogisch wohlverstandener Unterstützung und Akzeptanz von Wettbewerben in der Schule zu suchen. Denn noch immer nehmen viele, ja die meisten Schulen diese Instrumente der Lern- und Begabungsförderung zu leichtfertig maximal als Ergänzungsmöglichkeiten zur Kenntnis, deren Nutzung allein in der Obhut einzelner Fachlehrkräfte oder gar der Schülerschaft gestellt wird.

Etwas Neues schaffen

Zum finalen Plenum im Kuppelsaal des Berliner Congress Center trat am Montag denn auch Bundesbildungsministerin Annette Schavan an. Sie würdigte nicht nur die Schülerinnen und Schüler mit einer "Fliegeruhr", sondern hat in einer programmatischen Rede die hohe Priorität unterstrichen, die die Begabungsförderung aus ihrer Sicht als Aufgabe des Bundes und damit des BMBF genießt. Die Teilnahme an Schülerwettbewerben müsse für die Jugendlichen mit der Aufforderung "Ich kann etwas Neues schaffen und Erfolg haben" verbunden sein, so die Ministerin. Dabei zog Frau Schavan die Begründungslinie bis hin zu Europa, zu den Römischen Verträgen, die den "Reichtum Europas im Wissen und Können seiner Menschen" ausgemacht hätten. Auch die Bildungsministerin hat sich dabei auf ein Konzept der Begabungsförderung in sozialer Verantwortung festgelegt und weist den Hochbegabten die Selbstverpflichtung zu, "immer danach zu fragen, wie kann man damit Verantwortung verbinden?".

Potenziale für Talente ausloten

In einer Gesprächsrunde der Ministerin mit dem Berliner Historiker Paul Nolte und der Schriftstellerin Alexa Hennig von Lange, unterstrich Nolte seinen unverstellten Blick auf Neugierde und Leistungswillen. Er verbarg aber auch nicht, dass er als Hochschullehrer doch irritiert ist, wenn er Studierende deshalb überrascht sieht, weil er danach frage, "was können wir für Dich tun?". Die deutschen Schulen und Hochschulen – so Noltes These – müssen selbst mehr Unterstützung und Fürsorge als Teil der Begabungsförderung geben. Sie ist nicht nur eine Entdeckungsleistung, sondern sollte ein selbstverständliches soziales Anerkennungsverhältnis werden. Es kann kaum verwundern, dass Nolte die pragmatischen Umgangsverhältnisse angelsächsischer Hochschulen hier deutlich positiver bewertet als die deutsche Massen-Universität in Zeiten von "Bologna" und anhaltender Evaluierungswut. Bildungsministerin Schavan wurde noch konkreter und forderte die Abschaffung der ZVS und der Hochschulkapazitätsverordnung – Applaus war ihr sicher. Hennig von Lange und Nolte regten an, andere als die durch ihre soziale Lage privilegierten Lernenden stärker in den Focus der Begabtenförderung zu nehmen: "Warum nicht Stipendien für Hauptschüler, für Migranten?". Hier gebe es noch eine Vielfalt an Talenten zu heben und zu unterstützen. Ein Hauch an bildungsreformerischer Euphorie legte sich über den zweiten "Tag der Talente".

Schülerwettbewerbe im Ideen-Park

Viele der Angebote, die in der Arbeitsgemeinschaft bundesweiter Schülerwettbewerbe sichtbar werden, waren in einem Ideenpark – ganz praktisch handelte es sich um Poster-, Material- und Beratungsstände; eine kleine Wettbewerbs-Messe – vertreten und einige haben bei den Überlegungen zur Weiterentwicklung des Tags der Talente kritisch beitragen können.

Gerade auch der Wetttbewerb Demokratisch Handeln – der einen Stand gemeinsam mit dem Geschichtswettbewerb der Körber-Stiftung betrieben hat – stieß mit seinen eingeladenen Projektgruppen auf Interesse. Die Schülerinnen und Schüler aus Leipzig, Berlin, Bremen und Freiburg/Br. konnten der Veranstaltung, den damit verbundenen Jugendbegegnungen und auch der Reise in die Bundeshauptstadt einiges abgewinnen. Sicher ist, auch die besonderen Begabungen beim Demokratie-Lernen spielen im Konzept des "Tags der Talente" eine wichtige Rolle.

Insgesamt überwog die positive Wahrnehmung davon, dass nicht mehr ständig jeder allein seine Themen, Erfahrungen und Wettbewerbe vertreten muss, sondern mit diesem innovativen Kongress, der gerade auch Schülerinnen und Schüler einschließt, durch das BMBF eine stärkende öffentliche Wahrnehmung konkretisiert wird, die für die Schülerwettbewerbe und für das Förderprogramm Demokratisch Handeln hilfreich ist. Sie wollen das BMBF gerne weiter begleiten, damit – wie es sich Bildungsministerin Schavan wünscht – daraus eine gute Tradition wird. (Wolfgang Beutel, Jena)

 
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